3 Fragen an Stephanie Schneider «Krisen sind immer auch Chancen»
In unserer neuen Serie «3 Fragen an» blicken wir gemeinsam mit Stephanie Schneider, Senior Consultant bei der Business Broker AG, auf das aussergewöhnliche Jahr 2020 zurück. Die COVID-Pandemie hat unser aller Leben bestimmt und so wollten wir von ihr wissen, wie sie die anhaltende Krise erlebt, welche Chancen sie darin sieht und welche Entwicklungen die Business Broker AG im nächsten Jahr erwartet.
Stephanie Schneider
Stephanie, wir blicken auf ein aussergewöhnliches Jahr zurück, das mit der COVID-Pandemie unser aller Leben – privat und geschäftlich – durchgerüttelt hat. Wie hast du das Jahr aus Sicht der Business Broker AG erlebt?
Stephanie Schneider: «Ich erinnere mich gut, dass wir sehr euphorisch ins 2020 gestartet sind. Unser Portfolio präsentierte sich vielversprechend und wir setzten uns als Team ambitionierte Ziele. Und dann kam COVID-19. Mehr oder weniger von einem auf den anderen Tag wurden wir hart ausgebremst. Die ersten Tage und Wochen des Lockdowns waren geprägt von einem gewissen Schock und viel Unsicherheit. Als Firma, in der Homeoffice bis anhin wenig praktiziert wurde, war die Umstellung der eigenen Arbeitsroutine für die einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sicherlich eine Herausforderung.
Die ersten Tage und Wochen des Lockdowns waren geprägt von einem gewissen Schock und viel Unsicherheit.
Bei vielen unserer Mandanten rückte das Verkaufsvorhaben beziehungsweise die Nachfolgeregelung in der Priorität nach hinten, gab es doch nun ganz andere Probleme zu lösen und sich neu zu organisieren. Für uns bedeutete das in erster Linie eine Verzögerung in den laufenden Verkaufsprozessen. Die COVID-Pandemie trifft unsere Mandanten sehr unterschiedlich: Während bei einigen das Business wie bisher weiterläuft, erleben andere einen regelrechten Boom. Andere wiederum müssen deutliche Umsatzrückgänge verkraften. COVID betrifft alle, die negativen oder auch positiven Effekte sind aber – wenig überraschend – je nach Branche enorm unterschiedlich.
Ich fand interessant zu beobachten, dass mit der Aufhebung des Lockdowns im April quasi ein Schalter umgelegt wurde: Keinen Monat später waren wir «back to normal»: Bei den Mandaten kam wieder Fahrt auf, neue, spannende Firmen konnten ins Portfolio aufgenommen werden und die Resonanz auf der Seite der potenziellen Käufer war wieder so hoch wie zuvor. Phasenweise konnten man den Eindruck gewinnen, als wäre nie etwas gewesen. Und jetzt stecken wir mitten in der zweiten Welle, gehen damit aber schon viel abgebrühter um. Es gilt, durchzuhalten und das Beste aus der Situation zu machen.»
Kannst du der Pandemie und ihren Folgen aus geschäftlicher Sicht auch Positives abgewinnen?
Stephanie Schneider: «Absolut, auch wenn die negativen Folgen der Pandemie für viele KMU in der Schweiz natürlich verheerend sind. Abgesehen von jenen Branchen, die ganz unmittelbar beispielsweise von einer temporären Schliessung betroffen waren oder sind, hat die Krise vielen KMU knallhart aufgezeigt, wo Schwachstellen bestehen: Keine ausreichende Liquiditätsplanung, die auch mal eine Talfahrt aushält, wenig bis keine Fortschritte bei der Digitalisierung, unnötig komplizierte Arbeitsabläufe und wenig strategisches Denken in Szenarien. Ein Plan B existiert äusserst selten. Auf der anderen Seite hat sich aber auch wunderbar gezeigt, dass KMU tendenziell erstaunlich krisenresistent sind.
Die Krise hat vielen KMU knallhart aufgezeigt, wo Schwachstellen bestehen: Keine ausreichende Liquiditätsplanung, die auch mal eine Talfahrt aushält, wenig bis keine Fortschritte bei der Digitalisierung, unnötig komplizierte Arbeitsabläufe und wenig strategisches Denken in Szenarien.
Unternehmerinnen und Unternehmer beissen sich durch und sind deutlich flexibler, agiler und innovativer als Grossunternehmen, wenn es darum geht, sich auf eine geänderte Ausgangslage einzustellen. Viele Unternehmen haben bewiesen, dass sie nachhaltig wirtschaften und auch unvorhersehbare Herausforderungen meistern können. Es wird zweifellos Verlierer und Gewinner aus der Krise geben. Gewinner sind für mich vor allem auch jene Firmen, denen es gelingt, aus den gewonnenen Erfahrungen zu lernen, entdeckte Schwachstellen zu beseitigen und dadurch stärker und besser aufzutreten.»
Was sind eure Prognosen für das kommende Jahr?
Stephanie Schneider: «Aktuell zeichnet sich ja ab, dass der Wirtschaftseinbruch 2020 in der Schweiz weniger stark als befürchtet ausfallen wird und die Konjunkturprognose damit weniger negativ ist, als noch im Frühling angenommen. Wir stellen fest, dass jene unserer Mandanten, die stärkere Einbrüche verkraften mussten, nun deutlich aufholen. Von einer vollständigen Erholung – auch gesamtwirtschaftlich – sind viele aber natürlich noch weit entfernt. Das Thema COVID und seine zahlreichen Folgen werden uns noch längere Zeit begleiten. Das aussergewöhnliche Jahr 2020 bildet eine Zäsur in den Geschäftsbüchern von praktisch jedem Unternehmen in der Schweiz – sei es positiv oder negativ. Und genau diese teils enormen Schwankungen und Sondereffekte werden wir im Rahmen von Nachfolgeregelungen und Unternehmensverkäufen mit den beteiligten Parteien in Zukunft ausführlich diskutieren müssen.
Das aussergewöhnliche Jahr 2020 bildet eine Zäsur in den Geschäftsbüchern von praktisch jedem Unternehmen in der Schweiz – sei es positiv oder negativ. Mit diesen enormen Schwankungen und Sondereffekte müssen wir uns zukünftig im Rahmen von Firmentransaktionen intensiv auseinandersetzen.
Wir rechnen generell ab Ende des Jahres mit einer höheren Anzahl an Konkursen im KMU-Sektor. Betroffen werden besonders jene Firmen sein, die bereits vor der Krise nicht nachhaltig und «gesund» genug aufgestellt waren, durch COVID-Kredite jedoch einen zeitlichen Aufschub erhalten haben. Die Schnellhilfe für KMU hat die Konkurswelle verschoben, wird sie längerfristig aber wohl nicht gänzlich vermeiden können. Wo der Konkurs abgewendet werden kann, werden Restrukturierungen und Konsolidierungen notwendig.
Wir sind für uns und unsere aktuellen Mandanten zuversichtlich und glauben an eine weitere Erholung und Normalisierung im nächsten Jahr, besonders da ja nun die Entwicklung der Impfstoffe schneller voranschreitet als angenommen. Unternehmerisch werden für viele Firmeninhaber wieder andere, «normalere» Themen auf die Agenda kommen. Die Regelung der eigenen Nachfolge ist eines davon, das sich bekanntlich nicht ewig aufschieben lässt. In diesem Zusammenhang stelle ich die Frage, ob es nicht sinnvoll ist, den Neustart gleich mit neuen, frischen Kräften anzugehen? So wird der Modernisierungsschub durch eine geordnete Übergabe optimal genutzt – für das Unternehmen und seine Mitarbeitenden. In Krisen liegen bekanntlich immer auch Chancen.»
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