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Wie Emotionen
den Unternehmenswert beeinflussen

Was ist ein kleines oder mittleres Unternehmen (KMU) wert? Keine einfache, aber derzeit viel gestellte Frage, denn in den nächsten fünf Jahren sollen, gemäss einer gemeinsamen Studie der Credit Suisse und der Universität St. Gallen von 2016, 70 - 80‘000 Eigentümer die Nachfolgeregelung für ihre KMUs in der Schweiz vollziehen. Eine beeindruckende Zahl, die 400‘000 Arbeitsplätze betrifft und damit von volkswirtschaftlicher Bedeutung für die Schweizer Gesamtwirtschaft ist.

Bei der eigenen Nachfolgeplanung ist es wichtig, dass sich der Unternehmer zunächst über seine eigenen Wünsche, Ziele und Bedürfnisse Klarheit verschafft. Einige dahingehende, zentrale Fragen (nicht abschliessend) lauten: Ist mein Unternehmen nachfolgefähig (kann ich als Eigentümer vier Wochen in die Ferien gehen, ohne dass der Betrieb zum Stillstand kommt)? Wie wichtig ist für mich der Erhalt der bestehenden Arbeitsplätze? Möchte ich, dass die Firma innerhalb meiner Familie weitergeführt wird? Ist das oder die ausgewählte(n) Familienmitglied(er) ausreichend dafür qualifiziert? Kenne ich andere geeignete Nachfolger innerhalb oder ausserhalb des Unternehmens? Wie sieht es mit der Finanzierung des Kaufpreises aus? Wie hoch soll der Unternehmenswert sein und wie gross ist meine diesbezügliche Flexibilität? Wie stark hänge ich finanziell von einem erfolgreichen Unternehmensverkauf ab, damit ich meinen Lebensstandard auch während meines Ruhestandes aufrechterhalten kann? 

In welcher Form und zu welchen Konditionen soll die Unternehmensnachfolge vollzogen werden? 

Laut der zuvor erwähnten Studie beabsichtigt eine relative Mehrheit von 41% der KMU-Besitzer, ihre Unternehmen familienintern zu übergeben. Das ist verständlich, denn man kennt den Nachfolger persönlich gut und es besteht ein enges Vertrauensverhältnis. Doch dies ist nicht immer möglich. Den Verkauf an einen Aussenstehenden in Betracht zu ziehen scheuen KMU-Inhaber vielfach, geschweige denn die Umsetzung. Es braucht einen gewissen Leidensdruck dazu, denn der potenzielle Käufer ist nicht einfach zu identifizieren, unbekannt und unvertraut. Die Unwägbarkeiten scheinen um ein Vielfaches grösser als bei einer familieninternen Nachfolgeregelung. Trotzdem erwägen 31% der Eigentümer rein familienexterne Nachfolgelösungen. Unter diesen Nachfolgeformen wird der Verkauf an ehemalige (führende) Mitarbeitende am meisten genannt, vor dem Verkauf an ein anderes Unternehmen bzw. eine Private-Equity-Gesellschaft oder an unternehmensexterne Einzelpersonen. Der Trend hin zu Nachfolgeregelungen mit externen Käufern steigt jedoch stetig, denn der familieninternen Nachfolgegeneration ist es heute vermehrt erlaubt, Karrieren ausserhalb des familieneigenen Unternehmens zu verfolgen als früher. Die erwähnte Umfrage zeigt auch, dass Familienmitglieder und Freunde das Unternehmen besonders günstig übernehmen können. Beide Gruppen sollen einen durchschnittlichen Abschlag von 41% im Vergleich zu einer marktorientierten Bewertung erhalten. Für knapp 20% der familieninternen Nachfolger lag der Übernahmepreis sogar bei null.  

Wie beeinflusst die Perspektive die Preisbestimmung? 

Die Preisbestimmung spielt bei Nachfolgelösungen oder Unternehmensverkäufen immer eine zentrale Rolle, egal ob diese mit einer familien- oder firmeninternen bzw. mit einer externen Partei vollzogen wird. Zentral bei der Bestimmung des Verkaufspreises ist die Perspektive und schlussendlich die Fähigkeit der Parteien, sich auf einen für beide Seiten tragbaren Unternehmenspreis zu verständigen. Versetzen wir uns zunächst in die Situation eines Verkäufers. 

Bei den Inhabern haben der Aufbau und die Führung der Firma, die damit verbundenen Mühen, die jahrelangen zeitlichen und finanziellen Entbehrungen und die eingegangenen Risiken prägende Emotionen hinterlassen. Daher werden bei der Bestimmung des Wertes für die eigene Unternehmung oftmals unzählige geleistete Überstunden, einen über viele Jahre nicht marktgerechter Lohn, im Warenlager gebundenes Kapital, Investitionen in die Firmeninfrastruktur und in den Maschinenpark eingerechnet. Für viele Eigentümer entspricht die Summe dieser Einzelelemente dem Wert ihrer Firma, mit dem Argument, ein Käufer müsste, würde er von Null beginnen, denselben persönlichen und finanziellen Aufwand leisten, um ein vergleichbares Unternehmen aufzubauen. Oftmals kommt dazu, dass Inhaber den idealen Zeitpunkt zur Regelung der Nachfolgeplanung verpassen. Nehmen wir das Beispiel eines Maschinenbauunternehmens aus der Ostschweiz, das heute noch CHF 3 Mio. Umsatz erzielt, dieser vor drei Jahren aber noch bei CHF 4.5 Mio. lag. Was immer die Gründe für diese Entwicklung sein mögen, ob Verlust von Schlüsselkunden, Lieferanten oder -Mitarbeiter, stärkere Konkurrenz im Markt, alternative Produkte und Dienstleistungen, reduzierte Verkaufs- und Marketingaktivitäten oder der Frankenschock, beim Firmeneigentümer bleibt die Erinnerung bestehen, dass er einst CHF 4.5 Mio. umgesetzte und dies aus seiner Sicht dem wahren Potenzial von seinem Unternehmenswert entspricht. 

Kaufinteressenten hingegen bewerten ein Unternehmen im Wesentlichen aufgrund des aktuellen Geschäftsganges. Dabei sind sie bemüht die Risiken und Entwicklungspotenziale abzuschätzen und basierend darauf einen Kaufpreis abzuleiten. Bei etablierten Unternehmen stellt der aktuell erzielte Gewinn die wohl zentralste Bemessungsgrösse dar. Historische Gewinne und Investitionen fliessen zwar via Substanzwert in die Unternhemensbewertung mit ein, allerdings mit einer untergeordneten Gewichtung. Käufer sind im Allgemeinen weder bereit den emotionalen Wert, den das Unternehmen für den Eigentümer hat, noch die dafür geleistete Aufbauarbeit finanziell zu vergüten. 

Wie wirken sich Emotionen auf den Preis aus? 

Nach dem Vollzug einer Transaktion können wir die Differenz zwischen erwartetem Verkaufspreis und effektiv erzielten Marktpreis ermitteln. Der Marktpreis liegt im Durchschnitt rund 25% unterhalb der Erwartungen der Verkäufer. Die Bandbreite der Abweichungen zum erwarteten Preis ist jedoch breit und branchenabhängig, sodass der Durchschnittswert keine universelle Aussagekraft besitzt. Die relativ tiefsten Werte lagen bei weniger als zehn Prozent der ursprünglichen Kaufpreisvorstellungen.  Ermittelt man die Abweichung zum erwarteten Preis, indem die Transaktionsgrösse als Gewichtungsfaktor in die Berechnung einfliesst, so beläuft sich der Abschlag noch auf 15%. Dies ist ein Hinweis darauf, dass Besitzer von kleineren Unternehmen höhere Preiserwartungen haben oder aber, dass Käufer bei kleinen Unternehmen höhere Risikoabschläge einrechnen.  Übernimmt der aktuelle Besitzer viele der massgeblichen Aufgaben im Unternehmen selbst und delegiert er zu wenig oder gar nicht, so wird sein Abgang aufgrund der fehlenden Know-how Verteilung innerhalb der Organisation zum schwer einschätzbaren Risiko für den Käufer. 

Umgekehrt existieren auch Beispiele, bei denen Unternehmen bis zum Doppelten des ursprünglich erwarteten Verkaufspreises veräussert wurden. Die Gründe dafür liegen im Wesentlichen bei einer für den Verkäufer vorteilhaften Konkurrenzsituation unter mehreren Kaufinteressenten oder bei Produkten und Dienstleistungen, die Käufer emotionell ansprechen. Den Wert eines zu veräussernden Unternehmens möglichst marktnah zu bestimmen, ist ein wichtigster Vorbereitungsschritt bei einer geplanten Unternehmensnachfolge oder einem Unternehmensverkauf. Betroffene Unternehmer tun gut daran, sich bei der Festlegung eines realistischen und vor allem Unternehmenswert für ihre Firma an erfahrene Transaktionsspezialisten zu wenden. Wird ein Verkauf mit überhöhten Preisvorstellungen initiiert, so kann dies den Übergabeprozess wesentlich verzögern oder im schlechtesten Fall gar zu einem Prozessabbruch führen. 

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